"Das Neue Steuerungsmodell läßt sich auf die Justiz nur übertragen, wenn man ihr Selbstverwaltung gewährt. Es beruht nämlich nicht bloß auf der Dezentralisierung von Verantwortung und Kompetenz, sondern fordert ein zentrales Controlling, das sich mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht verträgt, wenn das Zentrum außerhalb der Justiz liegt. ...
Bei der Budgetierung wird es nicht bleiben. Die Forderung nach einem tief eingreifenden Quantitäts- und Qualitätsmangement (Röhl DRiZ 1993, 301) wird folgen. Es wird auch die Rechtsprechungsfunktion der Gerichte nicht unberührt lassen. Eine Neubestimmung des Kernbereichs richterlicher Tätigkeit gegenüber der Justizverwaltung ist daher unerläßlich. Nur in einer selbstverwalteten Justiz könnte der Kernbereich der Rechtsprechung unter Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz enger eingegrenzt und dadurch Raum für ein effektives Justizmanagement geschaffen werden.
Anders als die Kommunen hat die Justiz keinen historisch legitimierten Anspruch auf Selbstverwaltung. Es besteht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Parlamenten, Rechnungshöfen oder dem Bundesverfassungsgericht. Doch es gibt eine Parallele zur Wissenschaft. Das Wissenschaftssystem ist zwar sehr viel weiter ausdifferenziert als die Justiz, die Organisationsformen sind deshalb relativ unübersichtlich (Fußn.). Dennoch kann man wohl sagen, daß Selbstverwaltung den institutionellen Kern der Wissenschaftsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG ausmacht. Ein effektives Justizmanagement ist auf Dauer ohne Absicherung der Unabhängigkeit der Rechtsprechung durch weitgehende Selbstverwaltung der Justiz schwer vorstellbar.
Wie solche Selbstverwaltung konkret ausgestaltet werden könnte, bedarf der Diskussion. Immerhin zeigen sich zwei Eckpunkte. Nachdem das Geld zum zentralen Managementinstrument geworden ist, muß Haushaltshoheit dazu gehören, und damit ein fallnahes Justizmanagement möglich wird, muß eine außerhalb der Justiz verankerte Dienstaufsicht ausgeschlossen werden."
Wie Röhl auch: Voss, DRiZ 1998, 379 (390)