Die nachstehenden Grundsätze über Äußerungen von Richtern und Staatsanwälten in der Öffentlichkeit sind im Juli 1983 vom Präsidium des Deutschen Richterbundes beschlossen worden (vgl. Erstabdruck in Information 8/83). Der Bundesvorstand des DRB hat sich am 2./3. Februar 1984 mit den »Grundsätzen« befaßt und sie nach Maßgabe der folgenden Klarstellungen gebilligt:
1. Die Grundsätze vom 14./15. Juli 1983 (Nrn. 2, 3 und 4) betreffen die rechtliche Zulässigkeit von Äußerungen von Richtern und Staatsanwälten.
2. Äußerungen dieser Art
müssen nach Inhalt und Form den Anforderungen entsprechen, die sich
aus der Stellung von Richtern und Staatsanwälten ergeben (§ 39
DRiG, § 53 BBG, § 35 Abs. 2 BRRG).
3. Der DRB nimmt das Recht zur Äußerung
im Rahmen seiner Satzung wahr.
1.1 Für die öffentliche Bekanntgabe und Begründung von Entscheidungen ist in erster Linie die jeweilige Prozeßordnung maßgebend. Soweit eine öffentliche Verkündung vorgesehen ist, hat es grundsätzlich dabei zu bleiben.
1.2 Wird der Richter oder Staatsanwalt wegen einer Entscheidung persönlich angegriffen, so gehört es zur Fürsorgepflicht der Justizverwaltung, ihn vor diesen Angriffen in Schutz zu nehmen.
1.3 Soweit in der Öffentlichkeit eine Entscheidung unrichtig wiedergegeben wird, sollte die Justizverwaltung, insbesondere auf Verlangen des Richters oder des Staatsanwalts, eine Richtigstellung veranlassen.
1.4 Für jedes Gericht und jede Staatsanwaltschaft sollte ein Pressesprecher eingerichtet werden. Ihm allein obliegt grundsätzlich die Information der Presse über gerichtliche oder behördliche Entscheidungen. Nur wo diese Wege versagen oder nicht zureichend erscheinen und schwerwiegende Mißverständnisse auszuräumen sind, die das Vertrauen in die Rechtsprechung zu untergraben drohen, kann unter Umständen eine eigene Erklärung des Richters oder Staatsanwalts angebracht sein.
1.5 Öffentliche Kritik des Richters an Entscheidungen des eigenen Spruchkörpers ist in aller Regel unangemessen, darüber hinaus - wenn sie das Beratungsgeheimnis preisgibt - unzulässig.
2. Äußerungen über Entscheidungen anderer
2.1 Auch Richter und Staatsanwälte können ihre Meinung zu aktuellen, die Öffentlichkeit bewegenden Entscheidungen anderer Richter und Staatsanwälte äußern und ihre Sachkunde in die öffentliche Diskussion einbringen. Das folgt aus ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung.
2.2 Richter und Staatsanwälte dürfen bei ihren Äußerungen jedoch nicht Sachverhalte unterstellen, die nicht erwiesen sind, sie müssen in Wertungen grundsätzlich zurückhaltend sein, sie müssen in Strafsachen die Unschuldsvermutung beachten und auf die rechtsstaatlichen Verfahrensgebote insgesamt in besonderer Weise Rücksicht nehmen. Besondere Zurückhaltung ist bei Äußerungen zu schwebenden Verfahren geboten; insbesondere darf das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Rechtspflege nicht gefährdet werden.
3. Äußerungen zu rechtspolitischen und allgemein politischen Fragen
3.1 Richter und Staatsanwälte und ihre Berufsverbände können sich engagiert und in deutlicher Sprache an der Diskussion rechtspolitischer und allgemein politischer Fragen beteiligen.
3.2 Demagogie und Aufforderungen zum Ungehorsam gegen Gesetze sind jedoch pflichtwidrig.
Die Berufsbezeichnung (Richter/Staatsanwalt) kann der Äußerung
beigefügt werden.