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Berlin: Mi, 04.04.2001 Redaktionsschluss: 14:00 Uhr (100)
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Rechtsausschuss
KOALITION NIMMT ÄNDERUNGEN AN DER REFORM DER ZIVILPROZESSORDNUNG
VOR
Berlin: (hib/BOB) Die Regierungskoalition von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen hat am Mittwochvormittag im Rechtsausschuss ihre Bereitschaft
unterstrichen, Korrekturen an der beabsichtigten Reform des Zivilprozesses
vorzunehmen. Dem Gremium liegen dazu im wesentlichen gleich lautende Gesetzentwürfe
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/3750) sowie der Bundesregierung
(14/4722) vor.
Die Beratungen im Rechtsausschuss sollen am 9. Mai abgeschlossen werden.
Nach dem Willen der Koalition sollen künftig Berufungs- und Beschwerdeverfahren
nicht mehr grundsätzlich bei den Oberlandesgerichten (OLG) konzentriert
werden. Statt dessen sei den Bundesländern im Rahmen einer so genannten
Experimentierklausel zu ermöglichen, eine derartige Regelung nach
eigenem Ermessen einzuführen und wissenschaftlich begutachten zu lassen.
Diese Erprobungsphase solle bis zum 1. Januar 2008 gelten. Sozialdemokraten
und Bündnisgrüne wollen außerdem die Möglichkeit von
Videokonferenzen bei zivilgerichtlichen Verhandlungen einführen.
Von der CDU/CSU hieß es dazu, zwar sei die Regierungskoalition
in manchen Punkten auf Kritik der Opposition und von Fachverbänden
eingegangen, dennoch könne die Initiative auch jetzt nicht überzeugen.
Mit der so genannten Experimentierklausel sei nichts anderes als die
Hoffnung verbunden, dass ein Vorhaben, welches Bundesjustizministerin Hertha
Däubler-Gmelin (SPD) jetzt nicht habe durchsetzen können, später
doch realisiert werden solle. Es sei darüber hinaus fraglich, ob sich
genügend Länder fänden, die an dieser Erprobungsphase teilnehmen
wollten.
Im Übrigen äußerte die Union die erneut die Befürchtung,
auch in der gegenwärtigen Fassung lasse die Reform der Zivilprozessordnung
befürchten, dass der Rechtsschutz in der Berufungsinstanz verkürzt
werde.
Die F.D.P. würdigte ebenfalls, dass es im parlamentarischen Verfahren
gemeinsam gelungen sei, eine "Reihe von Giftzähnen" aus dem Gesetzesvorhaben
heraus und Verbesserungen herein zu
nehmen. Die beabsichtigte Stärkung der ersten Instanz werde ebenso
begrüßt wie die Möglichkeit zu Videokonferenzen.
Nicht mittragen könne man allerdings nach wie vor die weitreichende
Verlagerung von Verfahren auf Einzelrichter, sondern halte am Kammerprinzip
fest. Auch die PDS begrüßte manche Veränderungen am Gesetzentwurf,
hielt es gleichzeitig aber ebenfalls nicht für ausgeschlossen, dass
der Rechtsschutz in der zweiten Instanz künftig nicht mehr voll gewährleistet
sei.
Zudem werde die Experimentierklausel in solchen Bundesländern,
die sich daran nicht beteiligen wollten, dazu führen, dass die Belastungen
der Amtsrichter zunähmen.
Die SPD erwiderte, an der grundsätzlichen Notwendigkeit, die Zivilprozessordnung
zu reformieren, führe kein Weg vorbei. Die Vertreter der Bundesregierung
hätten völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dem vorliegenden
Entwurf das Dienstleistungsangebot der Justiz verbessert und der Rechtsschutz
des Bürgers ausgebaut werde.
Gegenteilige Vorwürfe der Opposition seien deshalb nicht stichhaltig.
Die Sozialdemokraten verwiesen zudem darauf, ein nach wie vor im parlamentarischen
Verfahren befindlicher Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion (14/163) aus
dem Dezember 1998 sehe teilweise weit schärfere Instrumente zur Reform
des zivilgerichtlichen Verfahrens vor.
Insofern sei die Argumentation der Union heute nicht glaubwürdig.
Zur Experimentierklausel führten die Sozialdemokraten aus, anders
als von der Opposition behauptet zeichne sich ab, dass einige Bundesländer,
neben Stadtstaaten auch Flächenländer, daran teilnehmen wollten.
Wichtig sei, dass der Kritik, die Konzentration der Berufungen bei
den OLG sei eine Entscheidung vom "grünen Tisch", der Boden entzogen
werde. Die Praxis werde es jetzt zeigen.
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