29./30. Januar 2000
Grundbuchhalle des Amtsgericht Hamburg
Sievekingplatz 1, 20355 Hamburg
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Justizreform schreitet voran. Ein wichtiges Instrument für die Gerichtsreform in den Bundesländern ist dabei das die gesamte Verwaltungsmodernisierung bestimmende sog. Neue Steuerungsmodell.
Nicht zufällig fällt diese Entwicklung in eine Zeit, in der die Ökonomisierung der Justiz droht. Oft wird sie nur als reiner Kostenfaktor gesehen. Die eigentlichen Aufgaben der Justiz geraten, so hat es häufig den Anschein, dabei in den Hintergrund. Eine vor allem auf Technik, auf eine effiziente Verwaltung setzende Reform aber wird auf Grenzen stoßen. Diese Elemente können nur Hilfsmittel sein.
Es hängt nämlich maßgeblich von den Richterinnen und Richtern selbst ab, ob die Gerichte effizient, qualitativ gut, quantitativ ausreichend arbeiten, ob sie dem "Justizverbraucher" zugewandt arbeiten. Dabei muss der Qualitätsdiskussion über gerichtliches Handeln zukünftig eine zentrale Rolle zukommen: Grundsätzlich gilt nämlich, dass nur dann, wenn die Richterinnen und Richter erreicht werden, die Reform gelingen kann.
Vorrangig Richterinnen und Richter selbst müssen in Ansehung der richterlichen Unabhängigkeit diese Diskussion führen. Die Gerichte sind hierzu berufen. Wer die richterliche Unabhängigkeit schützen will, muß hier klar und konsequent handeln und zur Selbstkritik bereit sein. Nur durch eine selbstgeführte Qualitätsdiskussion kann der Gefahr einer rein quantitativen Bewertung richterlichen Handelns begegnet werden. Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Wilhelm Rapp hat hierzu in seinem Vortrag "Justiz 2000 – und dann?" vor der Mitgliederversammlung des Hamburgischen Anwaltvereins am 13. September 1999 u.a. ausgeführt:
"....Andererseits erscheint es mir noch nicht überall angekommenen zu sein, daß die Justiz sich insgesamt verändern wird, und daß es gilt, diesen Veränderungsprozeß zu gestalten. Insbesondere dann, wenn wir uns Unabhängigkeit und Gewaltenteilung auf die Fahnen geschrieben haben. So sehr ich dagegen bin, daß andere über die Inhalte richterlicher Arbeit befinden, und so sehr ich mir eine Qualitätsdiskussion richterlicher Arbeit von Seiten der anderen Staatsgewalten verbieten würde, genauso sehr meine ich, daß eine solche Diskussion intern notwendig ist und geführt werden muß...., und zwar bald."
Diese Erwägungen gelten – mit anderer Gewichtung – auch für die Dezernentinnen und Dezernenten der Staatsanwaltschaften, die in ihrer fachlichen Tätigkeit zwar nicht unabhängig, aber als Organ der Rechtspflege an das Legalitätsprinzip gebunden sind.
Für diese Diskussion können Anwälte, Vertreter der Handelskammer und andere Externe den Gerichten und Staatsanwaltschaften für die interne Diskussion wichtige Impulse geben, aber auch helfen, die Binnensichtweise, das Schmoren im eigenen Saft, zu überwinden.
Nach dem einleitenden Beitrag von Dr. Klaus Landry wird
es in der AG 1 darum gehen, vor dem Hintergrund der Umsetzung des Neuen
Steuerungsmodells in der Justiz die Bedeutung der Qualitätsdiskussion,
ihre Möglichkeiten aber auch die Voraussetzungen organisatorischer
und rechtlicher Art zu diskutieren.
Jede Reformdiskussion der Justiz sollte ihren Ausgangspunkt
in der Zielbestimmung gerichtlichen Handelns nehmen. Die Verständigung
darauf, was Qualität ist (AG 2), ist Voraussetzung für etwaige
Qualitätsinstrumente und –messung (AG 3).
Ein konkretes Beispiel für die Realisierung der
Qualität gerichtlichen/staatsanwaltlichen Handels kann das Verhältnis
von Geschäftsstelle zu Staatsanwältin/Staatsanwalt bzw. Richter/in
(Senat, Kammer, Abteilung etc. ) sein: Welche Modelle der Ausgestaltung
gibt es, in welchem Verhältnis stehen Richter bzw. Staatsanwalt und
Geschäftsstelle zueinander, wie sind die Kompetenzen zueinander ausgestaltet,
welche konkreten Zusammenarbeitsformen sind denkbar (Team, Mitarbeiter-Vorgesetztengespr.
usw. ), wie muß in diesem Bereich eine vernünftige Personalentwicklungsplanung
aussehen (AG 4).
Am Beispiel der Strafjustiz können exemplarisch
Problem und Chancen der Zusammenarbeit der am Strafprozess beteiligten
diskutiert werden (AG 5).
Wir hoffen, mit dieser Veranstaltung der Diskussion über die Reform der Justiz weitere Impulse geben zu können. Eingeladen sind neben Anwaltschaft, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften all diejenigen, die mit diesen oder vergleichbaren Fragestellungen in Verwaltung, Unternehmen oder anderen Organisationen zu tun haben und die Diskussion mit ihren Erfahrungen anreichern können.
Dr. Jürgen Daniels
Friedrich-Joachim Mehmel
(Vors. GHJ)
(Vors. AsJ-Hamburg)
Hella Pickert
Gerd Uecker
(Vors. Kommunikationsverein)
(Vors. HAV)
Sonnabend, den 29. Januar 2000
11.00 Uhr Eröffnung, Begrüßungsansprache durch den Vorsitzenden des Hamburgischen Anwaltvereins Gerd Uecker - anschließend
Ist die Modernisierung der Justiz eine Falle?
Vortrag von Dr. Klaus Landry, Rechtsanwälte Graf von Westphalen Fritze & Modest, ehemaliger Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg
Diskussion
13.00 Uhr Mittagspause
14.15 - 19.00 Uhr Arbeitsgruppen mit Kurzreferaten zum Themeneinstieg
Arbeitsgruppe 1:
Wer bestimmt Qualität?
– Zu den rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen einer
Qualitätsdiskussion in der Justiz
mit
Prof. Dr. Dieter Kiefer (Rechnungshofdirektor,
Rechnungshof Bad.-Württ.)
Diether Schönfelder (Leiter Koordinierungsstab
Justiz 2000, Justizbehörde)
Moderation: Gundolf Wagner (Richter am Verwaltungs-
gericht Hamburg)
Berichterstattung: Volker Öhlrich (Vizepräsident des
Land-
gericht Hamburg, Vorstandsmitglied des
Hamb. Richterverein)
Arbeitsgruppe 2:
Was ist Qualität? –
Qualitätsdimensionen und Zielkonflikte
mit
Dr. Helmut Büchel (Vors. Richter am Hans.
Oberlandesgericht)
Jürgen Keyl (Anwalt, Mitglied des Richter-
wahlausschusses)
Moderation: Jochen Cassel (Direktor des
Amtsgericht Hamburg-Altona)
Berichterstattung: Dr. Heiko Raabe (Präsident des
Amtsgericht Hamburg)
Arbeitsgruppe 3:
Kann Qualität gemessen werden?
– Qualitätsinstrumente und Qualitätsmessung
- ihre Chancen, ihre Gefahren
mit:
Dr. Udo Henkel (Haarmann, Hemmelrath & Partner,
Geschäftsführender Partner, Hamburg)
Dr. Christian Lischke (Unternehmensberater)
Prof. Dr. Klaus F. Röhl ( Ruhr-Universität Bochum)
Moderation: Dr. Uwe Berlit (Richter am Oberverwaltungs-
gericht, z.Zt. abgeordnet Nds. Finanz-
ministerium,
Bezirksvorsitzender der AsJ-Hannover)
Berichterstattung: Monika Nöhre (Leiterin Amt für
Allg.
Verwaltung Justizbehörde Hamburg,
designierte Vizepräsidentin des Hans.
Oberlandesgerichtes)
Arbeitsgruppe 4:
Arbeitsorganisation und Qualität
– Verhältnis von Geschäftsstelle zu Richter/in bzw. Staatsanwalt/Staatsanwältin
als Nahtstelle
mit:
Dr. Stefan Kraus (Andersen Luther Rechtsanwaltsgesellschaft
mbH, Geschäftsführer, Köln)
Joachim Mose (Vors. Richter am Landgericht Hamburg,
Präsidialrichter)
Michael Steindorfner (Ministerialdirektor im Justizministerium
Bad.-Württ.)
Moderation: Ariane Abayan (Präsidialrichterin am Verwaltungs-
gericht Hamburg, Vorstandsmitglied des
Hamb. Richterverein)
Berichterstattung: Dr. Guido Christensen (Richter am Amts-
gericht Hamburg, Projektleiter Seg-
mentierung des Amtsgerichtes)
Arbeitsgruppe 5:
Qualitätsdiskussion im Strafprozess
– Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Strafrichter, Staatsanwalt
und Strafverteidiger
mit
Cornelia Gaedigk (Oberstaatsanwältin bei der StA am
Landgericht Hamburg)
Otmar Kury (Strafverteidiger, Vors. der Hamburger AG
für Strafverteidiger)
Lutz von Selle (Richter am OLG, Strafsenat, Hamburg)
Moderation: Dr. Roland Makowka (ehem. Präsident des
Landgericht Hamburg, angef.)
Berichterstattung: Gerhard Schaberg (Vors. Richter am Land-
gericht, Strafkammer, stellv. Vors.
des Hamb. Richtervereins)
Ab 19.30 Uhr Essen (Internationale Spezialitäten)
anschließend spielen Court of Jazztice – Die
Justizjazzer auf
Sonntag den 30. Januar 2000
10.00 Uhr Berichte aus den Arbeitsgruppen
10.45 Uhr Pause mit Obst und Kaffee
11.00 Uhr Plenumsdiskussion mit den Referenten zu den
Hauptproblemen des Tagungsthemas
13.00 Uhr Ende der Tagung
Anmeldungen sind entweder per Post beim Hamburgischen Anwaltverein,
Ziviljustizgebäude, Zimmer 700 (Gerichtsfach 121), Sievekingplatz
1, 20355 Hamburg oder direkt beim Hamburgischen Anwaltverein, Frau Kloth,
per Telefon (040-342068/69), per fax (040-354231) oder per e-mail HamburgischerAnwaltverein@t-online.de)
möglich. Es wird gebeten die AG anzugeben, an der die Teilnahme voraussichtlich
beabsichtigt wird.