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Richterverein:
Hamburger Justiz arbeitet nicht zu langsam
(dpa-Gespräch vom 03.12.1999) Hamburg (copyright dpa/lno)

Der Hamburgische Richterverein hat die Kritik an der Dauer von Rechtsstreitigkeiten in der Ziviljustiz zurückgewiesen.

"Mehrere Organisationen von Rechtsanwälten haben wiederholt bestätigt, dass sie bei der Justiz in Hamburg schnell und sachlich angemessen bedient werden", sagte die Vorsitzende des Hamburgischen Richtervereins, Inga SCHMIDT-SYAßEN, in einem dpa- Gespräch.

Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin am Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) "geht es eigentlich zügig". Weniger komplexe Verfahren am OLG in Hamburg dauerten vier bis fünf Monate: "In der Regel ist die Berufung im Folgejahr bearbeitet.

Auch im internationalen Vergleich werden "Verfahren in Deutschland sehr schnell erledigt", meinte SCHMIDT-SYAßEN. Aus ihrer Arbeit am OLG weiß die Richterin, wie "langwierig" im Verhältnis zur Justiz in Hamburg bei Rechtshilfeersuchen zum Beispiel Gerichte in Italien oder Spanien arbeiteten.

"Die Einwirkungsmöglichkeiten der Richter auf die Dauer des Verfahrens sind begrenzt", betonte die Juristin: "Die von den politischen Instanzen beschlossenen Personaleinsparungen an den Gerichten sind zu einem großen Teil dafür verantwortlich, dass Verfahren länger dauern, als es auch die Richter wünschten". Ihre Organisation als Interessenverband der Richter und Staatsanwälte habe "leider keine Möglichkeit dagegen vorzugehen".

Sie und ihre Kollegen hätten immer mehr Akten zu bearbeiten, erläuterte SCHMIDT-SYAßEN. Beim Einarbeiten in die dazu gehörenden immer höher wachsenden Aktenberge zeige sich auch: "Die Arbeitskapazität eines jeden Richters ist begrenzt". Die Juristin stellte klar: "Den tennisspielenden Richter mit einem Übermaß an Freizeit habe ich hier noch nicht erlebt".

Nach Ansicht von SCHMIDT-SYAßEN dürfte auch die geplante Reform der Zivilprozessordnung kaum die Verfahren beschleunigen. Bei der dabei vorgesehenen Reform des Berufungsrechts sollen in zweiter Instanz künftig statt der Landgerichte allein die Oberlandesgerichte zuständig sein. Im vergangenen Jahr seien allein in Hamburg etwa 3 000 Berufungen von den Amtsgerichten an das Landgericht gegangen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Rechtsmittelreform mit einer Stärkung der ersten Instanz ohne eine Vermehrung des Richterpersonals beim OLG umsetzbar ist", meinte SCHMIDT-SYAßEN.

Die meisten Verfahren sowohl der Zivil- als auch der Strafgerichtsbarkeit würden schnell und ohne Beanstandungen erledigt. Mit einem "vermehrten Selbstbewusstsein in der Wahrnehmung von Rechten" würden aber immer mehr Kläger den Weg durch alle Instanzen suchen. Hier wünsche sie sich von den Betroffenen oft mehr Augenmaß, meinte die Richterin: "Irgendwann gibt es eine letzte Instanz, aber viele Leute können nicht akzeptieren, dass Schluss ist".