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Justitias Kunden
Anwälte wünschen sich besseren Service bei Gericht
mak

Kaum zu glauben. Richter sprechen von sich als "Dienstleistern", von Anwälten als "Kunden". Zum Glück nicht, wenn es um den eigentlichen Kern ihrer Arbeit geht: unabhängig Recht zu sprechen. Aber dann, wenn das ganze Drumherum bei Gericht auf dem Prüfstand steht: die Erreichbarkeit der Richter etwa; ihr Bemühen, den Menschen ein Urteil verständlich zu machen; die Verhandlungsführung und die Wohnlichkeit der Gerichtssäle; die Dauer des Verfahrens; die Höflichkeit und Freundlichkeit von Mitarbeitern in den Geschäftsstellen.

All dies lässt sich nachlesen in einer bislang unveröffentlichten Studie mit dem unförmigen Titel: Dokumentation der Auswertung der Nutzerbefragung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg. Zum ersten Mal haben sich damit in Deutschland Richter der Kritik von Anwälten gestellt einer Kritik, die sie bisher oft mit dem Hinweis auf ihre Unabhängigkeit zurückwiesen. Rund 3100 Briefe mit 18 Fragen wurden versandt, 376 Hamburger Advokaten haben geantwortet. Das entspricht immerhin einer Rücklaufquote von 12 Prozent. Das Ergebnis fiel für die Richter besser aus als erwartet. Die Anwälte sind mit der Justiz im Großen und Ganzen zufrieden, Durchschnittsnote: 2 bis 3. Natürlich dauern ihnen die Prozesse zu lange, stören sie die grauen Flure und das schummrige Licht in den Gerichtssälen. Doch sie bekommen die Richter immer noch leichter ans Telefon als den Anwalt der Gegenpartei und fühlen sich gut beraten.

Viele gaben den Tipp: Lieber in gut sichtbare Wegweiser und moderne Technik, in hellere Farbanstriche und bequeme Stühle vor den Verhandlungsräumen investieren als in eine aufwändige Erneuerung des Gerichtswesens. Das wird den Reformern um die Justizministerin Däubler-Gmelin, die für die nächste Woche zu einer Anhörung nach Berlin geladen haben, nicht unbedingt passen. Aber Dienstleister und Kunden sind sich offenbar einig: Nicht die Rechtsprechung, sondern der Justizservice muss besser werden. Das ist nicht falsch, darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch inhaltlichen Reformbedarf gibt. Denn die Gerechtigkeit lebt nicht vom Service allein.